Willkommen bei Aveleen Avide
Wenn sich Myriane Angelowski nicht gerade damit beschäftigt wie man Beton herstellt, schreibt sie oder gibt ihr Wissen weiter. Als Myriane Referentin für Gewaltfragen war, haben sie etliche Schicksale berührt.
Wer mir eine Frage zum Interview beantworten kann und mir dazu eine E-Mail sendet, der kann „Blutlinien“ gewinnen. Wie es geht? Das steht am Ende des Interviews.
Foto: © Stefanie Biel
Myriane Angelowski schreibt Krimis.
Myriane Angelowski wurde 1963 in Köln Sie studierte Sozialarbeit und arbeitete anschließend als Referentin für Gewaltfragen bei der Stadt Köln. Mehrere Jahre war sie Lehrbeauftragte an der Fachhochschule für Sozialpädagogik tätig. 2001 machte sie sich im Bereich Coaching selbständig. Coaching für wen und/oder was?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Meine Schwerpunkte sind Zielcoaching, Stärkentraining und individuelles Bewerbungstraining. Heute arbeite ich nur noch sehr reduziert als Coach. Diese Arbeit macht mir viel Spaß, weil der Fokus auf der positiven Entwicklung der Person liegt. Ich arbeite mit Menschen, die nach neuen Herausforderungen suchen z. B. unzufrieden in ihrem Job sind. Andere bemerkten Unsicherheiten wie z. B. im Umgang mit der Chefin oder Kollegen und/oder suchen eine Erwerbsarbeit, haben unzählige Bewerbungen geschrieben und finden einfach keinen Job. Als Coach arbeite ich sehr gerne, aber mittlerweile übernehme ich nur noch selten einen Auftrag mit diesen Inhalten, zeitlich nimmt das Schreiben längst einen wesentlich größeren Raum ein.
AVELEEN AVIDE:
Schrecklich, dass es Referenten für Gewaltfragen benötigt. Da hast du sicher viel Schlimmes zu hören bekommen. Gibt es etwas, das besonders nachhaltig war?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Bewegend waren für mich die vielen Einzelschicksale, vor allem die Gewalt (subtil oder ganz offen) in Familien, die darin "festsitzenden" Kinder und die Frauen, denen es oft unmöglich war, den Aggressor zu verlassen. Nicht selten bedeute das bestehende Chaos, die Gewalt bzw. der gesamte (Gewalt)Kontext Stabilität und Sicherheit, aus der sich viele Frauen nur schwer lösen konnten. Der Prozess kann langwierig sein, als Sozialarbeiterin muss man "aushalten", Kenntnisse über solche Fälle zu haben und nur "langsam" voran zu kommen. Ich fand dies schwierig, vor allem eben mit Blick auf die Kinder. Überhaupt geht mir das Thema "Gewalt in der Familie" persönlich immer nah. Auch, wenn Frauen Gewalt ausüben, was vorkam und vorkommt.
Und natürlich gibt es Fälle, die im Gedächtnis bleiben. Während meines Studiums habe ich in einem Kölner Aufnahmeheim gearbeitet. Da wurde regelmäßig eine alte Frau von der Polizei gebracht. Mittlerweile war sie über achtzig Jahre alt- die regelmäßig von ihrem Mann geschlagen wurde. Eines Tages habe ich sie gefragt: "Warum haben Sie ihn nicht längst verlassen hat?" Sie hat geantwortet. "Ich wollte immer gehen, schon früher als junge Frau, aber er ist sehr krank und ich habe gehofft er stirbt einfach irgendwann. Leider hat er mir diesen Gefallen nicht getan. Jetzt fühle ich mich zu alt und ich habe Angst neu anzufangen." So etwas prägt. Mich jedenfalls.
AVELEEN AVIDE:
Wie hast du nach deiner Sozialarbeit abschalten können beim joggen?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Nein, ich jogge erst, seitdem ich Bücher schreibe. Damals habe ich eher gelesen um abzuschalten.
AVELEEN AVIDE:
Du würdest gerne ein Haus in Cornwall, am liebsten in Sennen besitzen oder in Kanada, Nova Scotia. Außer, dass es dort Winter gibt, die du liebst, was reizt dich an beiden Orten. Was würden sie für dich bedeuten?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Stimmt, ich mag "nördliche" Regionen. Vielleicht, weil mir das Schreiben dort noch leichter fällt. Nova Scotia ist ziemlich abgeschieden, Häuser stehen in großen Entfernungen zueinander, es gibt wenig Ablenkung. Ich bin schon 2 x dort gewesen und finde es atmosphärisch sehr inspirierend. Ich möchte gerne einmal im Winter dorthin, am liebsten ein paar Wochen "einschneien" und schreiben …
Sennen liegt an der Küste von Cornwall. Es ist ein kleiner Ort, der alles bietet, was ich an England mag. Tea Time in den Cafés, verwitterte mystische Steinkreise in der näheren Umgebung, wunderschöne malerische Dörfer und echte Friedhöfe (so mit verwitterten Grabsteinen) usw. Dazu gibt es einen tollen Strand und die Möglichkeit mit dem Body-Board in den Atlantik zu springen. Und auch in Sennen kann ich schreiben, Teile meines ersten Krimis "Gegen die Zeit" habe ich dort zu Papier gebracht. Also, sollte ich mal zu Geld kommen …
AVELEEN AVIDE:
Die beste Entscheidung deines Lebens war deine unbefristete Stelle aufzugeben, um schreiben zu können. Aber als Coach kann man ja richtig viel Geld verdienen (im Vergleich zu normalen Angestellten und Arbeitern). Machst du immer noch Coaching?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Mittlerweile hat sich der Schwerpunkt verschoben und Skriptcoaching nimmt immer mehr Raum ein, d.h. Menschen senden mir ihr Manuskript zur Prüfung, ich lese und analysiere. In einem Gespräch gebe ich dann ein individuelles Feedback. Diese Arbeit ist sehr zeitintensiv, deshalb kann ich nicht so viele Manuskripte annehmen, aber ich mache es sehr gerne. Und es freut mich, wenn das Manuskript weiter entwickelt und schließlich von einem Verlag angenommen wird!
AVELEEN AVIDE:
Du gibst Krimi-Seminare. Seit wann? Hast du feststellen können, woran es am meisten hapert? Wo die meisten hängenbleiben?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Zum einen gebe ich gerne Seminare, vielleicht stammt die Freude daran aus meiner Zeit als Dozentin an der Fachhochschule Köln. Zum anderen denke ich, dass es immer klug ist, sich helfen zu lassen, wenn es allein nicht oder schwer weiter geht.
Als ich an meinem ersten Krimi saß, besuchte ich ein Wochenendseminar zum Thema "Schreiben" und es hat mir nicht nur gefallen, es hat auch wirklich etwas gebracht. Nach dem Seminar wusste ich genauer, worauf ich achten muss und woran der Stoff "krankte".
In meinem Krimiseminar "Papierleichen" lasse ich mir von Menschen über die Schulter schauen, die gerne einen Krimi schreiben wollen, vermittele neben Handwerk auch eigene Vorgehensweisen.
Feste Regeln gibt es zum Schreiben so gesehen ja nicht, von einigen Grundregeln mal abgesehen was z. B. Spannungsaufbau und Dialoge angeht, für viele Leute ist das offenbar schwierig. Perspektivfehler sind auch etwas, womit sich manche ErstautorInnen - nach eigener Einschätzung - schwer tun. Aber grundsätzlich gilt für mich: Was bei mir klappt, muss nicht für Jede(n) funktionieren. Es gibt Beispiele von AutorInnen die einfach los schreiben, ohne "Gerüst" o.ä. und sehr gut sind!
Ich kann so nicht arbeiten und viele andere Menschen anscheinend auch nicht. In meinen Seminaren verrate ich, wie ich vorgehe und vielleicht ist der eine oder andere Gedanke für die Teilnehmenden hilfreich. Außerdem lerne ich auch immer etwas!
Ich gebe in diesen Jahr noch zwei Krimiseminare.
1. Am 07.09 und 08.09. leite ich im Rahmen der Crime Cologne jeweils von 10 Uhr bis 16 Uhr mit Unterstützung des – Emons-Verlags – ein Krimiseminar für alle Schreib- und Krimi- Interessierten bzw. angehende AutorInnen! Weitere Informationen unter info@angelowski.de Semianrort: Café Ludwig im Museum, Heinrich-Böll-Platz D-50667 Köln
2. Krimi Workshop ‘Papierleichen’ – 16.-17.11.2013 im Rahmen der Aachener Krimitage Volkshochschule Aachen, Raum 214/215 Peterstraße 21-25 D-52062 Aachen, Anmeldung über die Volkshochschule Aachen.
AVELEEN AVIDE:
Du würdest gerne einen weiteren Skikurs machen, Klavier spielen lernen und weiter schreiben. Hast du schon ein Klavier oder hast du schon angefangen?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ein Klavier besitze ich schon lange und seit ein paar Wochen habe ich nun Unterricht, was mich sehr erfreut. Im Moment übe ich "Morning has broken". Gar nicht so einfach! Die linke Hand tut sich schwer!!
AVELEEN AVIDE:
Du schreibst auch unter den Pseudonymen Eva-Maria Ammon und Myriam von Magdalena. Jedenfalls steht eines der Pseudonyme in Wikipedia und das andere in Amazon, wenn man unter Eva-Maria Ammon nachsieht. Stimmt das und falls Ja, was schreibst du da?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Meine ersten Kurzgeschichten wurden unter dem Pseudonym MERET AMMON veröffentlicht. Anfangs, also als ich zu schreiben begann, war mir eine gewisse Distanz wichtig, auch gefiel mir mein Nachname für die Autorentätigkeit nicht so gut, ich fand ihn zu sperrig. Bevor 2007 "Gegen die Zeit" erschien, schlug der Emons-Verlag vor, das Pseudonym für die Regionalkrimis abzulegen. Ich willigte ein und es fühlte sich richtig an. Seitdem schreibe ich unter meinem wirklichen Namen. Das Pseudonym Meret Ammon benutze ich seitdem nicht mehr.
AVELEEN AVIDE:
Du hast für Deutschland einen außergewöhnlich schönen Namen. Woher kommt er und gibt es eine Geschichte dazu?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Myriane ist die französische Form von Miriam. Als Kind wurde ich ausschließlich Miriam gerufen und noch heute nennen mich Menschen aus meinem persönlichen Umfeld so. Myriane gefällt mir aber auch sehr gut, der Name ist in Deutschland eher selten, hat einen hohen Wiedererkennungswert und sorgt immer wieder für Gesprächsstoff. Ich werde sehr oft darauf angesprochen.
AVELEEN AVIDE:
Du bist schon in Asien, in Ägypten und in Kanada getaucht. Was ist das Besondere daran und über welchen Fisch hast du dich am besten gefreut?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ich versuche an "einsamen" Orten zu tauchen. Bei diesem Hobby mag ich zwei Dinge besonders. 1. Die Stille unter Wasser und 2. Die Schwerelosigkeit. Dazu kommt, dass ich beim Tauchen wunderbar abschalten kann. Ich bin ganz "im Jetzt", denke nicht an unfertige Manuskripte, Termine usw.
Das schönste Erlebnis war ein Tauchgang in acht Meter tiefe, um 7 Uhr morgens in Süd-Ägypten. Da knabberte eine Schildkröte an Weichkorallen, frühstückte sozusagen und ließ sich nicht stören. Die ganze Luft habe ich dort veratmet und dem Tier in seinem Lebensraum seelenruhig zugesehen. Irgendwann habe ich auch keine Fotos mehr gemacht und einfach geschaut und geschaut. Das war ein wunderschöner Tauchgang. Es stimmte einfach alles, das Licht, das warme Meer und diese ziemlich große Schildkröte in zwei Meter Entfernung.
AVELEEN AVIDE:
Wenn du verreist, wo reist du gerne hin und was ist dir an einem Urlaubsort wichtig? Und warum?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Reisen kann Entspannung sein, das sind in der Regel die Tauchreisen. Da bevorzuge ich einsam gelegene Hotels, ohne Animation und Schnickschnack. In Städten bin ich dagegen gerne mittendrin. Gruppenreisen mache ich ab und zu, dann aber nur mit ausgewählten Anbietern in kleinem Kreis. So habe ich z. B. Südafrika bereist. Das war super und ich werde es nie vergessen. Dann verreise ich manchmal um zu schreiben. Nach Holland zum Beispiel oder nach Italien.
AVELEEN AVIDE:
Du warst erst im Urlaub. Wo wart ihr? Was hast du besonderes an Eindrücken mitgenomnen?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Anfang des Jahres war ich in New York. In dieser Stadt habe ich an jeder Ecke "Geschichte und Geschichten" gespürt. Beeindruckend fand ich Ellis Island, da schwebt für mich heute noch der Geist der Einwanderer.
Während des Aufenthalts in N.Y. hat es immer wieder heftig geschneit, dieses Erlebnis hatte einen ganz besonderen Reiz. Für mich lag ein eigener Flair über der Stadt. An den meisten Tagen war der Himmel strahlendblau, aber es war bitterkalt. Nette rettende Cafés boten Kaffee und Wärme. An einem ziemlich unfreundlichen Tag entdeckte ich eine kleine Kaffeebar in Brooklyn. Dort habe ich das beste Tomaten-Käse-Koriandersandwich meines Lebens gegessen. Ich muss wieder nach N.Y.! Wegen des Sandwichs und sowieso!!
AVELEEN AVIDE:
Welche Hobbys/Leidenschaften hast du außer lesen, schreiben, tauchen und Ski fahren?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Kochen! Ich liebe es, Gerichte zu kreieren, dabei kann ich herrlich entspannen.
Außerdem bin ich immer auf der Suche nach richtig spannenden Filmen auf DVD (leider gibt es so etwas im TV eher selten), die ich mir vorzugsweise spät abends zu Gemüte führe, damit ich schön schlafen kann.
AVELEEN AVIDE:
Was liest du zurzeit? Und wenn du liest, welche Genres liest du am liebsten?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Gerade lese ich "Stadt der Diebe" von David Benioff. Krimis sind eher selten dabei d.h. im Moment lese ich einige, weil ich in der Jury des Glauser-Preises für den besten Debüt-Krimi 2014 sitze, also lese ich quasi beruflich Krimis. Aber sonst lese ich eher wenige Kriminalromane, einfach, weil ich möglichst unverfälscht schreiben möchte.
Gerne lese ich Biografien, auch ruhig heftigere Sachen. Und dann bevorzuge ich Fachbücher verschiedener Ausrichtung. Meist haben die Themen etwas mit Projekten zu tun, an denen ich arbeite. Oft geht es dabei um Fragen der Rechtsmedizin, Polizeithemen oder themenspezifische Abhandlungen wie zum Beispiel "Urteile zu sadistischen Tätern". Manchmal handelt es sich aber auch um reine Wissensfragen die ich recherchiere und mir aneigne. Für meinen Krimi "Finkenmoor" habe ich mich zum Beispiel mit einem Heimwerkerbuch beschäftigt und mir angelesen, wie Beton hergestellt wird.
AVELEEN AVIDE:
Wie viele Manuskripte musstest du versenden, bis dein erstes Buch bei einem Verlag angenommen wurde? Wie war der Vorgang und wie kam es dann letztendlich zur Veröffentlichung?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ich bin mit meinem Expose "Gegen die Zeit" zum Emons-Verlag marschiert - nach dem ich einen Termin bei einer Lektorin erhalten hatte - und kam ziemlich ernüchtert heraus. Das Exposé schien ihr nicht ganz schlüssig, das Motiv nicht durchdacht. Aber sie hat versprochen, das Manuskript zu lesen. Ich war motiviert, wollte die Geschichte unbedingt schreiben und habe fleißig geschrieben. Nach zwei Jahren hielt ich "Gegen die Zeit" in den Händen.
AVELEEN AVIDE:
Was ist schreiben für dich?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Erfüllung. Das hört sich vielleicht komisch an, aber ich bin so glücklich darüber, dass ich genau das tun kann, was ich möchte.
MYRIANE ANGELOWSKI: In „Blutlinien“ geht es lt. Myriane Angelowskis um:
Ein Serientäter am Rhein.
Eine Frau wird in der Nähe des Rheins tot aufgefunden, am Tatort können kaum Spuren gesichert werden. Lou Vanheyden und Maline Brass nehmen die Ermittlungen auf, können aber nicht verhindern, dass weitere Morde geschehen, die dieselbe Handschrift tragen. Als schließlich eine junge Frau verschwindet, kommen die Kommissarinnen dem Täter auf die Spur – doch auch er kommt ihnen nah. Lebensgefährlich nah. Je klarer das Motiv, desto unbegreiflicher die Taten – eine fesselnde Mörderjagd durch Köln ...
Hier finden Sie weitere Informationen:
Blutlinien
AVELEEN AVIDE:
Wie kamst du auf die Idee zu „Blutlinien“?
MYRIANE ANGELOWSKI:
In meinen Büchern beschäftige ich mich mit Themen, die mich umtreiben, die mir aufstoßen oder mich aus irgendeinem Grund nicht mehr loslassen. Dabei interessiert mich nicht, ob das Thema dem Mainstream entspricht. Meine Gedanken müssen raus, drängen förmlich aufs Papier. So war es auch bei Blutlinien.
Ich musste etwas zum Thema "Homophobie" schreiben, weil mich die tägliche Diskriminierung durch die Gesellschaft, die Politik, der Kirchen einfach unheimlich nervt. Es gibt Länder in denen werden homosexuelle Menschen verfolgt und getötet, weil sie der "Norm" nicht entsprechen. Auch in Deutschland sind Diskriminierungen an der Tagesordnung, brodelt Homophobie offen oder unter der Oberfläche. Das zögerliche Verhalten unserer Bundesregierung in Bezug auf die Gleichstellung der Rechte von Schwulen und Lesben nährt meiner Meinung nach die Diskriminierung, weil Homosexualität als Thema mit Diskussionsbedarf in den Köpfen bleibt. Von Selbstverständlichkeit und einem tolerantem Umgang sind wir meiner Meinung nach, weit entfernt. Vor allem, wenn man sich außerhalb der scheinbar sicheren und liberalen Räume bewegt.
Also, aus meiner Sicht "Stoff" für einen Krimi!
AVELEEN AVIDE:
Ich bin sicher, dass du für „Blutlinien“ recherchieren musstest. Ist dir bei den Recherchen etwas Überraschendes, Außergewöhnliches, Witziges passiert?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Erschreckend fand ich das Ergebnis meiner Interviews die ich zum Thema "Coming out" geführt habe. Da gibt es (eben gerade auch aktuell) so viel Hass und Ausgrenzung durch Familien und Eltern. Leise, nicht so laut wie in anderen Ländern und gewiss nicht mit den gleichen Konsequenzen, aber für die Betroffenen sehr hart.
Interessant war wieder die Ermittlungsarbeit bei der Polizei. Unter anderem war ich im Polizeigewahrsam im Polizeipräsidium. Es ist schon ein mulmiges Gefühl in so einer schmalen sterilen Zelle zu stehen.
AVELEEN AVIDE:
Wie gingst du an den Plot für „Blutlinien“ heran? Könntest du uns ein Beispiel für deine ersten Überlegungen zur Handlung von „Blutlinien“ geben?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Über die Figur des Täter habe ich mir viele Gedanken gemacht und mich schließlich für die Ich-Perspektive entschieden. Dadurch kommen die Lesenden ihm sehr nah und sie erfahren einiges über seine Denke, wissen aber nicht, um wen es sich handelt. Die Ich-Perspektive gilt nicht umsonst als "schwierig". Der Blickwinkel der Figur ist eingeschränkt, man muss aufpassen sich bzw. die Figur nicht zu verraten. Phasenweise hatte ich das Gefühl, dass die Gedanken der Figur stark ausuferten, das musste dann im Lektorat korrigiert werden. Auf der anderen Seite funktionieren Rückblenden so ganz gut und es ergeben sich starke Spannungsmöglichkeiten. Ich bin froh, dass ich mich so entschieden habe, ich glaube die Story funktioniert ganz gut und die Ich-Perspektive gibt BLUTLINIEN eine besondere Note.
AVELEEN AVIDE:
Fallen dir Dialoge, Charaktere oder szenische Darstellungen leichter, fällt dir alles gleich leicht oder anders gefragt, magst du alles gleich gerne?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Dialoge schreibe ich sehr gerne und da gibt es auch wenig Korrekturen durch das Lektorat. Spannung und falsche Fährten konstruiere ich auch mit Vergnügen. Charaktere machen sich zuweilen selbstständig und müssen wieder eingefangen werden. Meine ErstleserInnen sind mir dabei eine große Hilfe und ich bin mittlerweile ganz gut im Streichen. Ich kann mich als Autorin rigoros von Figuren, Dialogen oder Textpassagen trennen, wenn ich die Anregung dazu erhalte und ich den Vorschlag nachvollziehen kann. Ich glaube, dass sich meine Texte so verbessern.
AVELEEN AVIDE:
Wie schaffst du es, dass keine losen Fäden im Buch übrig bleiben?
MYRIANE ANGELOWSKI:
In dem ich mir jede Kleinigkeit notiere und konsequent bearbeite. UND in dem ich davon ausgehe, dass Irritationen meiner ErstleserInnen und Fragezeichen meiner Lektorin ihre Berechtigung haben.
AVELEEN AVIDE:
Wie gingst du an die Protagonistin, die Kommissarin Lou Vanheyden heran? Würdest du uns dafür einfach mal ein Beispiel für die ersten Überlegungen zur Figur geben?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Praktisch gesehen habe ich mich hingesetzt und alles festgelegt, von der Augenfarbe, über das äußere Erscheinungsbild bis hin zum Lieblingsessen und dem Wagen den Lou fährt. Ihrem Charakter habe ich mitgegeben was sie für den Job braucht, was sie sympathisch macht und auch mit Ecken sowie Kanten habe ich nicht gegeizt. Die Figur Lou Vanheyden entspricht meiner Vorstellung einer Kommissarin. Sie ist taff, hat einerseits die typische Laufbahn bei der Polizei absolviert, also Ausbildung, Streifenwagen, dann der Aufstieg zum gehobenen Dienst.
Andererseits hat sie "Karriere" gemacht, während sich ihr Mann nicht weiter um Beförderungen bemühte, sondern sich schwerpunktmäßig um die gemeinsame Tochter kümmerte. Dies ist wahrscheinlich ein eher seltenes Paarmodell, aber damit wollte ich zum einen ein anderes Bild einer berufstätigen Frau zeichnen und zum anderen wollte ich, dass in meinen Krimis der Mann der Frau den Rücken frei hält.
Natürlich ergeben sich daraus Konflikte. Lou hat in den ersten beiden Büchern oft ein schlechtes Gewissen deswegen und vergisst auch Dinge, die mit ihrer Tochter zusammenhängen.
Umgekehrte Welt also, denn sonst wird meist Vätern dieser Part zugeschrieben. Mittlerweile ist Frieda fast erwachsen und Henry ist aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Natürlich hat das Konsequenzen, aber so muss es ja auch sein. Wie im richtigen Leben entwickelt sich die Figur Lou Vanheyden immer weiter.
AVELEEN AVIDE:
Gingst du zuerst monatelang mit der Geschichte schwanger und fingst dann zu schreiben an oder hast du alle Recherchearbeiten abgeschlossen, das Exposee ist fertig und du beginnst zu schreiben? Wie muss man sich das vorstellen?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ja. Zuerst ist da eine Idee, manchmal hat sie sich über Jahre festgesetzt! An irgendeinem Punkt beginne ich zu recherchieren, versuche einfach so viel wie möglich zu einem Thema zu erfahren. Manchmal merke ich, wie das Interesse nachlässt. Wenn dem so ist, war die Idee vielleicht für einen Roman nicht tragfähig. Dann hefte ich die Sachen ab (wer weiß wofür ich diesen Keim mal nutzen kann). Wenn mich aber der Gedanke weiter begeistert, feile ich am Exposé und fange an zu schreiben, wenn die Idee rund ist. Ein guter Hinweis auf meine Motivation ist, wenn ich unbedingt mit dem Schreiben der Story anfangen will!
AVELEEN AVIDE:
Wie muss man sich einen Tag in deinem Leben vorstellen, wenn du an einem Roman arbeitest?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ich stehe morgens um 6.30 Uhr auf, gehe joggen und sitze spätestens um 8 Uhr am Schreibtisch. Dann schreibe ich bis zum Mittag, "Frühstücke" und schreibe weiter. Wenn ich merke, dass die Konzentration nachlässt, recherchiere ich. Der Schreibprozess wird sowieso immer wieder von Recherchearbeiten unterbrochen, denn ich fahre ja auch raus, schaue mir Orte an, mache mir Notizen, Fotos usw. Wenn es gut läuft, schreibe ich bis 17 Uhr, in den Hochphasen auch schon mal bis 22 Uhr. Vorgaben was das Pensum angeht, mache ich mir nicht. Bei festgesetzten Abgabeterminen ist der Druck eh schon hoch genug. Ich arbeite grundsätzlich ziemlich diszipliniert und auch strukturiert.
AVELEEN AVIDE:
Wo schreibst du am liebsten?
MYRIANE ANGELOWSKI:
In einem geschlossenen, stillen Raum. In Kneipen oder Cafés kann ich mich nicht konzentrieren, da bin ich zu abgelenkt. Wo sich der geschlossene Raum befindet, spielt keine Rolle.
AVELEEN AVIDE:
Hörst du auch Musik beim Schreiben und falls Ja, welche, oder brauchst du absolute Stille?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Das kommt auf meine Stimmung an. Wenn ich plotte höre ich schon mal Tom Waits oder Klassik. Manchmal setze ich Musik auch bewusst ein. Als ich eine Weihnachtskurzgeschichte geschrieben habe, lief eine Christmas -CD, denn es war Hochsommer und sehr warm!! Es hat geholfen, um in Stimmung zu kommen! Ansonsten bevorzuge ich beim Schreiben die Stille.
AVELEEN AVIDE:
Wirst du von einer Agentur vertreten? Und falls Ja, was ist für dich der Vorteil, von einer Agentur vertreten zu werden?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ich werde erst seit einem Jahr durch einen Agenten vertreten. Dabei spielt der Gedanke eine Rolle, mehr Aufträge zu bekommen und irgendwann vielleicht zusätzlich überregional zu Schreiben. Zudem habe ich ein Kinderbuch in der Schublade, das Manuskript gab es schon vor den Krimis, ich habe immer wieder daran gearbeitet. Dafür suchen wir (mein Agent und ich) gerade einen Verlag.
AVELEEN AVIDE:
An welchem Buch arbeitest du derzeit und darfst du schon ein wenig darüber verraten?
MYRIANE ANGELOWSKI:
Ich habe ziemlich dicht hintereinander "Finkenmoor" (erschienen November 2012) und "Blutlinien" (erschienen Juni 2013) geschrieben. Jetzt mache ich eine kreative Pause und lasse die nächste Idee mit Ruhe reifen. Ich habe schon eine vage Vorstellung und kann verraten: Es wird wieder spannend.
AVELEEN AVIDE:
Welchen Tipp hättest du für angehende Autoren, die einen Roman veröffentlichen möchten?
MYRIANE ANGELOWSKI:
An sich selbst glauben! Das hört sich banal an, ist es aber nicht.
Anfangs kann der "Gegenwind" enorm sein. Absagen von Verlagen können bedeuten, dass jemand "nicht schreiben" kann. Absagen können aber auch bedeuten, dass das Potential des Textes nicht sofort erkannt wird oder es einfach nicht zum Verlag passt. Dann heißt es: Nicht aufgeben!
Stellen Sie den eigenen Erfolg vor und fokussieren Sie sich immer wieder auf Ihre Arbeit. Glauben Sie an sich! Denn den einen Weg gibt es nicht. Vielmehr gibt es immer wieder Beispiele dafür, dass Dinge hinhauen und funktionieren, die unmöglich schienen. In der Buchwelt gibt es viele solcher Erfolgsgeschichten!
Fazit: Niemals unterkriegen lassen und fest an sich selbst glauben! - Sorry, hier kommt der Coach in mir zum Vorschein!
AVELEEN AVIDE:
Myriane, vielen Dank für das Interview.
Kommende Woche kommt mein erstes ausländisches Interview. Mit – festhalten – Peter James. Ich werde es in deutsch und englisch online stellen.
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Bitte die Adresse nicht vergessen, da ich sonst das Buch nicht zusenden kann.
Heidrun B. hat mir die nachfolgende Frage richtig beantwortet und sie hat „Blutlinien“ gewonnen: Was für einen Song übt Myriane derzeit auf ihrem Klavier?
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Mitmachen lohnt sich!
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7.397 Downloads waren es vom 12.04. bis 11.05.2013. Schön wäre, wenn wirklich möglichst viele davon eine Rezension schreiben würden.
Alles Nähere – hier klicken.
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Rena Larf liest mit ihrer erotischen Stimme einen langen Auszug aus meiner Geschichte „Sündige Früchte“ .
Rena Larf liest mit ihrer erotischen Stimme einen langen Auszug aus meiner Geschichte Hitze auf meiner Haut.
Hier lese ich aus meinem Buch “Samtene Nächte” aus der erotischen Kurzgeschichte “Erotischer Zirkel”. „Samtene Nächte“ ist bei Amazon.de in der Top 100 der Erotik-Bestseller. :-)
Wenn Sie hier klicken, dann kommen Sie zu meinen Lesungen aus "Samtene Nächte".
Wenn Sie oben in der pinkfarbenen Leiste auf „Interviews mit Autoren“ klicken, kommen Sie auf die Auflistung aller bisher erschienenen Interviews auf meinem Internetblog.
Wenn Sie oben in der pinkfarbenen Leiste auf „Sonstige Einträge“ klicken, kommen Sie auf die Auflistung unter der alle Lesungen, die Buchmesse in Frankfurt 2007/2008 und Kurzinterviews und v.a. aufgeführt sind.
Hier lese ich einen Ausschnitt aus der Geschichte „Heiße Wünsche“
Das war Aveleen Avide
Glauben Sie an sich!
Schauen Sie also wieder rein, wenn es heißt:
Willkommen bei Aveleen Avide
Ihre Aveleen Avide
Aveleen Avide jetzt auch bei Twitter: http://twitter.com/aveleenavide
Foto: © Richard Föhr